Georgia Creimer – German
GEORGIA CREIMER
INMITTEN LUSTVOLLER BÄUCHE
Nierenähnliche Organe werden zu gewundenen Rüsseln, Knorpel treten aus geheimnisvollen Hohlräumen, verlängern sich tentakelartig und verschwinden wieder, inmitten lustvoller Bäuche wachsen Knollen heran. In diese Organe sind Filamente eingewoben, die langen Stängeln von Meerespflanzen ähneln, durch die milchige Säfte strömen. Die Werkgruppe „Biome“ (*) von Georgia Creimer besteht aus Malereien auf großformatigen Leinwänden.
Die abgebildeten Formelemente verbinden sich durch wechselseitige Über- und Unterlagerung zu einer körperhaften Einheit, die im sie umhüllenden Raum zu wachsen und sich fortzupflanzen scheint. Diese Elemente entstehen mittels „halb-blinder“ Zeichnungen — aus inneren, intuitiven Bildern: Die Künstlerin zeichnet zuerst mit geschlossenen, dann wieder mit offenen Augen, wobei sie das, was sie eben „blind“ gezeichnet hat, danach zur Form vervollständigt. Es erscheinen surreal anmutende Körperformen. Trotz des befremdlichen Aussehens, empfindet der Betrachter etwas Wohlig-Vertrautes, als seien diese Körper Teile der in einer lauwarmen Atmosphäre treibenden, eigenen Eingeweide. In der Kultur der Gegenwart haftet der Abbildung des Körpers etwas immer Banaleres an; man ist an Darstellungen gewöhnt, die den Körper an seine Projektion als Schönheitsideal und Träger von Gesundheit und Wohlbefinden nach außen binden. Im Gegensatz dazu beziehen sich Georgia Creimers „Biome“ auf den Körper als ein im wörtlichen Sinn inneres Erleben, auf die verschiedensten Sinneswahrnehmungen – Berührungen, Laute, Temperaturen -, die ihre Formen, Farben und Texturen hervorrufen. Die fremdartige Natur dieser gemalten Wesen, die aussehen, als seien sie das Resultat aufwändiger genetischer Manipulation oder als entstammten sie einem mittelalterlichen Bestiarium, hindert nicht, dass ihre Formen den Betrachter unweigerlich auf die eigene körperliche Natur verweisen. Es kommt zu einer unmittelbaren Assoziation Subjekt-Materie; man wird an die eigene biologische Grundbeschaffenheit erinnert, durch die man geboren wird, wächst, sich fortpflanzt und schließlich stirbt. Inmitten der Faszination und der Ängste, die die Betrachtung dieser Wesen hervorruft, lässt sich die verfeinerte Technik entdecken, mittels der sie erschaffen wurden: Pinselstriche sorgfältigster Farbgebung, beginnend mit Hellrosa und ins Orangefarbene zielenden Rosatönen, bis hin zu den dunkelsten Lilaschattierungen, die sich in hautfaltenartigen Formen verstecken. Wässrige Farbtöne, Lebenssäfte, die matte Brauntöne annehmen, deren Grundlage zarte, weißliche Lasuren sind. Die Oberflächen sind glatt gehalten – ohne Impasti -, und die Umrisse sind sehr präzise ausgeführt. Diese Bilder zeigen ein ganzes Universum abstrakter Formen, das sich durch die Intuition der Künstlerin erschließt, und das sich in einer Malerei voll von Feinheit und Empfindsamkeit offenbart.
Katalog Georgia Creimer, 2007
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